Donnerstag, 21. April 2005
K.2
synapse, 17:58h
"Genug der Komödie", sagte K. auffallend leise, legte sich nieder und zog die Decke über sich. "Sie gehen, junger Mann, ein wenig zu weit, und ich werde morgen noch auf Ihr Benehmen zurückkommen. Der Wirt und die Herren dort sind Zeugen, soweit ich überhaupt Zeugen brauche. Sonst aber lassen Sie es sich gesagt sein, daß ich der Landvermesser bin, den der Graf hat kommen lassen. Meine Gehilfen mit den Apparaten kommen morgen im Wagen nach. ...
Aber der junge Mann fasste sich bald und sagte zum Wirt in einem Ton, der genug gedämpft war, um als Rücksichtnahme auf K.s Schlaf zu gelten, und laut genug, um ihm verständlich zu sein: "Ich werde telefonisch anfragen."
Wie, auch ein Telefon war in diesem Dorfwirtshaus? Man war vorzüglich eingerichtet. Im einzelnen überraschte es K., im ganzen hatte er es freilich erwartet....
Obwohl es unwahrscheinlich war, daß es wieder K. betraf, stockten alle, und Schwarzer kehrte zum Apparat zurück. Er hörte dort eine längere Erklärung ab und sagte dann leise: "Ein Irrtum also? Das ist mir recht unangenehm. Der Bürochef selbst hat telefoniert? Sonderbar, sonderbar. Wie soll ich es dem Herrn Landvermesser erklären?"
K. horchte auf. Das Schloß hatte ihn also zum Landvermesser ernannt....
Auch fürchte ich, daß mir das Leben oben im Schlosse nicht zusagen würde. Ich will immer frei sein."
"Du kennst das Schloß nicht", sagte der Wirt leise. "Freilich", sagte K., "man soll nicht verfrüht urteilen. Vorläufig weiß ich ja vom Schloß nichts weiter, als daß man es dort versteht, sich den richtigen Landvermesser auszusuchen....
"Nein", sagte der Wirt, zog K. ein wenig zu sich herunter und flüsterte ihm ins Ohr: "Schwarzer hat gestern übertrieben, sein Vater ist nur ein Unterkastellan und sogar einer der letzten."
In diesem Augenblick kam der Wirt K. wie ein Kind vor. "Der Lump!"
sagte K. lachend, aber der Wirt lachte nicht mit, sondern sagte: "Auch sein Vater ist mächtig."
"Geh!"
...
Die Augen auf das Schloß gerichtet, ging K. weiter, nichts sonst kümmerte ihn. Aber im Näherkommen enttäuschte ihn das Schloß, ...
Der Lehrer, ein junger, kleiner, schmalschulteriger Mensch, aber ohne daß es lächerlich wurde, sehr aufrecht, hatte K. schon von der Ferne ins Auge gefaßt, allerdings war außer seiner Gruppe K. der einzige Mensch weit und breit. K., als Fremder, grüßte zuerst, gar einen so befehlshaberischen kleinen Mann. "Guten Tag, Herr Lehrer", sagte er. Mit einem Schlag verstummten die Kinder, diese plötzliche Stille als Vorbereitung für seine Worte mochte wohl dem Lehrer gefallen. "Ihr sehet das Schloß an?" fragte er sanftmütiger, als K. erwartet hatte, aber in einem Tone, als billige er nicht das, was K. tue. "Ja", sagte K., "ich bin hier fremd, erst seit gestern Abend im Ort."
"Das Schloß gefällt Euch nicht?"
fragte der Lehrer schnell. "Wie?"
fragte K. zurück, ein wenig verblüfft, und wiederholte in milderer Form die Frage: "Ob mir das Schloß gefällt? Warum nehmt Ihr an, daß es mir nicht gefällt?"
"Keinem Fremden gefällt es", sagte der Lehrer. Um hier nichts Unwillkommenes zu sagen, wendete K. das Gespräch und fragte: "Sie kennen wohl den Grafen?"
"Nein", sagte der Lehrer und wollte sich abwenden. K. gab aber nicht nach und fragte nochmals: "Wie? Sie kennen den Grafen nicht?"
"Wie sollte ich ihn kennen?"
sagte der Lehrer leise und fügte laut auf französisch hinzu: "Nehmen Sie Rücksicht auf die Anwesenheit unschuldiger Kinder."
Aber der junge Mann fasste sich bald und sagte zum Wirt in einem Ton, der genug gedämpft war, um als Rücksichtnahme auf K.s Schlaf zu gelten, und laut genug, um ihm verständlich zu sein: "Ich werde telefonisch anfragen."
Wie, auch ein Telefon war in diesem Dorfwirtshaus? Man war vorzüglich eingerichtet. Im einzelnen überraschte es K., im ganzen hatte er es freilich erwartet....
Obwohl es unwahrscheinlich war, daß es wieder K. betraf, stockten alle, und Schwarzer kehrte zum Apparat zurück. Er hörte dort eine längere Erklärung ab und sagte dann leise: "Ein Irrtum also? Das ist mir recht unangenehm. Der Bürochef selbst hat telefoniert? Sonderbar, sonderbar. Wie soll ich es dem Herrn Landvermesser erklären?"
K. horchte auf. Das Schloß hatte ihn also zum Landvermesser ernannt....
Auch fürchte ich, daß mir das Leben oben im Schlosse nicht zusagen würde. Ich will immer frei sein."
"Du kennst das Schloß nicht", sagte der Wirt leise. "Freilich", sagte K., "man soll nicht verfrüht urteilen. Vorläufig weiß ich ja vom Schloß nichts weiter, als daß man es dort versteht, sich den richtigen Landvermesser auszusuchen....
"Nein", sagte der Wirt, zog K. ein wenig zu sich herunter und flüsterte ihm ins Ohr: "Schwarzer hat gestern übertrieben, sein Vater ist nur ein Unterkastellan und sogar einer der letzten."
In diesem Augenblick kam der Wirt K. wie ein Kind vor. "Der Lump!"
sagte K. lachend, aber der Wirt lachte nicht mit, sondern sagte: "Auch sein Vater ist mächtig."
"Geh!"
...
Die Augen auf das Schloß gerichtet, ging K. weiter, nichts sonst kümmerte ihn. Aber im Näherkommen enttäuschte ihn das Schloß, ...
Der Lehrer, ein junger, kleiner, schmalschulteriger Mensch, aber ohne daß es lächerlich wurde, sehr aufrecht, hatte K. schon von der Ferne ins Auge gefaßt, allerdings war außer seiner Gruppe K. der einzige Mensch weit und breit. K., als Fremder, grüßte zuerst, gar einen so befehlshaberischen kleinen Mann. "Guten Tag, Herr Lehrer", sagte er. Mit einem Schlag verstummten die Kinder, diese plötzliche Stille als Vorbereitung für seine Worte mochte wohl dem Lehrer gefallen. "Ihr sehet das Schloß an?" fragte er sanftmütiger, als K. erwartet hatte, aber in einem Tone, als billige er nicht das, was K. tue. "Ja", sagte K., "ich bin hier fremd, erst seit gestern Abend im Ort."
"Das Schloß gefällt Euch nicht?"
fragte der Lehrer schnell. "Wie?"
fragte K. zurück, ein wenig verblüfft, und wiederholte in milderer Form die Frage: "Ob mir das Schloß gefällt? Warum nehmt Ihr an, daß es mir nicht gefällt?"
"Keinem Fremden gefällt es", sagte der Lehrer. Um hier nichts Unwillkommenes zu sagen, wendete K. das Gespräch und fragte: "Sie kennen wohl den Grafen?"
"Nein", sagte der Lehrer und wollte sich abwenden. K. gab aber nicht nach und fragte nochmals: "Wie? Sie kennen den Grafen nicht?"
"Wie sollte ich ihn kennen?"
sagte der Lehrer leise und fügte laut auf französisch hinzu: "Nehmen Sie Rücksicht auf die Anwesenheit unschuldiger Kinder."
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